Vorbemerkung: Der folgende Text enstand im April 2016. Unter Umständen hat sich zwischenzeitlich die Rechtslage geändert.
In den Hochschulen nimmt die Datenschutzproblematik zu, da zunehmend Daten durch die Hochschulen, aber auch z. B. durch Dekanate der Fakultäten im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung,
elektronisch erfasst werden. Es besteht die Gefahr, dass bei einer technisch möglichen, wenn auch nicht erlaubten, Zusammenführung dieser Daten umfassende Persönlichkeitsprofile der Beschäftigten
erstellt werden können.
Mindestens auf den folgenden Ebenen werden elektronische Dateien mit persönlichen Daten angelegt: elektronische Führung der Personalakte, Datensammlung für die sogenannte leistungsorientierte
Mittelvergabe, Datensammlung für Evaluierungen, Datensammlungen für Personalkostenberechnungen im Rahmen der kaufmännischen Wirtschaftsführung.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich wesentlich auf die Situation im Bundesland Sachsen, teilweise beispielhaft auf die Technische Universität Dresden.
Das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz (SächHSFG) regelt in § 14 die "Verarbeitung personenbezogener Daten". Dabei sind in § 14 Abs. 1 viele Zwecke aufgeführt, für die eine Verarbeitung personenbezogener Daten "erforderlich" sein kann, z. B.
Wenn man diese Zwecke weit interpretiert, ergibt sich daraus eine kaum überschaubare Anzahl von "erforderlichen" personenbezogenen Daten.
Es ist problematisch, wenn die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten ohne klare Rechtsgrundlage durchgeführt wird. § 14 Abs. 3 SächsHSFG bestimmt daher: "Das Staatsministerium für
Wissenschaft und Kunst bestimmt durch Rechtsverordnung, welche Daten verarbeitet werden dürfen." Diese Rechtsverordnung liegt bis heute (Stand: 20. April 2016) nicht vor. Das jahrelange
Fehlen dieser Rechtsverordnung scheint die laufende Arbeit bei der Erstellung von personenbezogenen Dateien nicht zu behindern. Es ist nicht auszuschließen, dass die so ohne klare Rechtsgrundlage
handelnden Personen davon ausgehen, dass sich die zukünftige Rechtsverordnung der dann zwischenzeitlich geschaffenen Realität schon anpassen werde.
Auch die folgende Bestimmung zur Zulässigkeit der Datenverarbeitung im § 4 des Gesetzes zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz –
SächsDSG) scheint die laufende Arbeit kaum zu behindern:
(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig,
1. wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder
2. soweit der Betroffene eingewilligt hat.
Die Problematik der unklaren Rechtsgrundlage wird am Beispiel der Evaluationsordnung der Technischen Universität Dresden (im folgenden kurz: Evaluationsordnung) erläutert.
Zur Evaluierung der Forschung besagt § 9 Abs. 4 SächsHSG: Die Qualität der Forschung wird intern und extern in angemessenen Zeitabständen evaluiert. § 9 Abs. 5 SächsHSG ergänzt: [...]
das Verfahren zur Evaluierung der Forschung nach Absatz 4 regelt der Senat [...] durch Ordnung. Zum Zweck der Evaluierung heißt es in § 9 Abs. 5 SächsHSG: Die Evaluierung soll einen
Leistungsvergleich mit anderen Hochschulen ermöglichen.
Die vom Senat der TU Dresden erlassene Evaluationsordnung regelt in § 9 das Verfahren zur Evaluierung der Forschung folgendermaßen:
(1) Im Rahmen des Qualitätsmanagements werden im Auftrag des Rektorats die Aktivitäten auf dem Gebiet der Forschung und des Wissenstransfers, einschließlich der Publikationen, regelmäßig
evaluiert. Die Erfassung erfolgt durch das Forschungsinformationssystem der TU Dresden und ergänzende Instrumente.
(2) Die Grundsätze des Qualitätsmanagements in diesem Bereich werden unter Mitwirkung der Fakultäten vom Senat beschlossen.
(3) Auf Verlangen des Rektorats oder des Forschungsauftraggebers kann eine Fremdevaluation in Auftrag gegeben werden.
Die in § 9 Abs. 4 SächsHSG vorgeschriebene "Regelung des Verfahrens" zur Evaluierung der Forschung durch die Evaluationsordnung besteht wesentlich darin, auf drei in der Evaluationsordnung nicht
näher bestimmte Komponenten zu verweisen: "das Forschungsinformationssystem der TU Dresden", "ergänzende Instrumente" und "Grundsätze des Qualitätsmanagement", die vom Senat beschlossen werden.
Es gibt Fakultäten, an denen schon seit vielen Jahren eine sogenannte "leistungsorientierte Mittelverteilung" vorgenommen wird, obwohl die Rechtgrundlage eher unklar ist, da z. B. die in § 14 Abs. 3 SächsHSFG angesprochene Rechtsverordnung nicht existiert. Problematisch ist eine "Einwilligung" zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der sogenannten leistungsorientierten Mittelverteilung innerhalb der Fakultäten, wenn die Mittelvergabekriterien so organisiert sind, dass das Fehlen der Einwilligung und der aktiven Mitwirkung durch Datenlieferung zum Mittelentzug führt.
Für Universitäten und Fachhochschulen - Hochschulen für angewandte Wissenschaften schreibt § 11 Abs. 1 SächsHSFG vor, dass sich Wirtschaftsführung und Rechnungswesen nach
kaufmännischen Grundsätzen richten. Eine traditionelle kamerale Wirtschaftsführung wird als Wahlmöglichkeit nur den Kunsthochschulen zugebilligt.
Falls durch eine Hochschulverwaltung im Rahmen der Personalkostenrechnung eine detaillierte, auf Einzelpersonen abzielende Erfassung und Prognose der Personalkosten angestrebt wird und falls dies
überhaupt "erforderlich" und damit rechtlich zulässig ist, so ergibt sich aus diesem Ziel die Erfassung und Verarbeitung einiger personenbezogener Daten.
Bei Beamten beeinflussen z. B. der Familienstand und die Existenz von Kindern, die bestimmte Bedingungen (bezüglich Alter, Ausbildungsstand, Vorliegen einer dauerhaften Krankheit) erfüllen, die Höhe
des Familienzuschlags. Auch wenn es insofern personalkostenrelevant ist, ob jemand verheiratet ist, so ist doch höchst fraglich, ob sich daraus die Rechtfertigung ableiten lässt, das Hochzeitsdatum
taggenau abzufragen und dauerhaft elektronisch zu speichern oder die Existenz von Kindern mit den zusätzlichen Informationen des Geburtstages, des Namens und Geschlechts, auch wenn diese Kinder nicht
zum Familienzuschlag berechtigt sind. Höchst fraglich ist auch, ob es nicht ausreicht, dass solche personenbezogenen Daten in der Bezügestelle gespeichert sind, und ob es wirklich "erforderlich" ist,
solche Daten ein zweites Mal in einer Datenbank der Finanz- oder Personalverwaltung einer Hochschule zu speichern.
Eine Mehrfacherfassung von Daten in unterschiedlichen Dateien zu unterschiedlichen Zwecken muss differenziert betrachtet werden. Eine Mehrfacherfassung kann aus Gründen der Datenkonsistenz problematisch sein, aber auch wirtschaftlichen Gründen. § 11 Abs. 4 Satz 2 SächsHSFG: "Die Hochschule beachtet bei ihrer Wirtschaftsführung den Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung." Andererseits kann die Mehrfacherfassung in getrennten Dateien für unterschiedliche Zwecke eine erhöhte Datensicherheit gewährleisten.