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Archiv zu COVID-19

> Virusvarianten in Deutschland [21. August 2023]

> Impfwirksamkeit [5. März 2023]

> Impfquoten [15. Juli 2023]

> Labortests [22. August 2023]

> Verdoppelungszeit, Wachstumsfaktor und Wachstumsrate [26. Dezember 2021]

> Erforderliche Maßnahmen zur Kontaktreduzierung [25. November 2022]

> Beschlossene Maßnahmen zur Kontaktreduzierung [18. März 2022]

> Zum Infektionsschutzgesetz [25. November 2022]

[Letzte Änderung: 21. August 2023]

Virusvarianten in Deutschland

Die Information über durch Mutationen entstehende neue Varianten des SARS-COV-2-Virus wurde im Jahr 2023 stark eingeschränkt.

Bis Mitte Mai 2023 berichtete das RKI in den inzwischen eingestellten Wochenberichten über die Entwicklung von Virusvarianten. Außerdem gab es eine Übersicht zu besorgniserregenden SARS-CoV-2-Virusvarianten (VOC). Inzwischen wurden vom RKI die entsprechende Internetseite und die Internetseite mit einer Tabelle 'Anzahl und Anteile von VOC und VOI in Deutschland' gelöscht (Stand: 6. August 2023 ).

Virusvarianten im Jahr 2023

  • Am 9. August 2023 wurde durch die WHO die Untervariante EG.5 unter besondere Beobachtung gestellt. Diese Untervariante ging aus der Omikronvariante XBB.1.9.2 hervor. Die WHO geht davon aus, dass diese Subvariante einen Übertragungsvorteil hat, sieht aber keinen Hinweis auf eine erhöhte Krankheitsschwere.
  • Am 17. April 2023 wurde durch die WHO die Untervariante XBB.1.16 unter besondere Beobachtung gestellt. Die WHO geht davon aus, dass diese Subvariante einen Übertragungsvorteil hat und zu einer weltweiten Zunahme der COVID19-Fälle führen könnte, dabei gibt es derzeit "keine Hinweise auf eine erhöhte Krankheitsschwere durch XBB.1.16." (Wochenbericht des RKI vom 27.4.2023, S. 23). 
  • Bis zu KW 17/2023 war die Entwicklung der COVID-19-Fälle durch ein Nebeneinander mehrerer Untervarianten der Omikron-Variante bestimmt, die mehr als 99 % der Fälle ausmacht. Dabei dominierte die Untervariante XBB.1.5 mit mehr als 80 % der Fälle.

Omikron-Variante

  • Die Omikron-Variante (englische Schreibweise Omicron) wurde am 26.11.2021 von der WHO als besorgniseregende Variante (variant of concern) klassifiziert. Seit Kalenderwoche 9/2022 liegt der Anteil der Omikron-Variante in Deutschland über 99%.
  • Die Omikron-Variante hat im Vergleich zur Delta-Variante eine schnellere Ausbreitung durch eine gesteigerte Übertragbarkeit (Kontagiosität) und eine stärkere Immunflucht, d. h. ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes.
  • Für die Omikron-Variante wurde früh ein milderer Krankheitsverlauf im Vergleich zur Delta-Variante vermutet. Die Datenlage in Deutschland zeigte zunächst einen stark reduzierten Anteil der Hospitalisierungen bei Omikron-Infektionen und einen in diesem Sinn milderen Krankheitsverlauf. Allerdings steigt der Anteil der Hospitalisierungen im Lauf des Jahres 2022 und vor allem im Jahr 2023 kontinuierlich. (> Wie häufig werden COVID-19-Fälle hospitalisiert?).
  • Mehrere Infektionswellen im Jahr 2022 waren zunächst durch die Untervariante BA.1, dann BA.2 und später BA.4 und BA.5 bestimmt. Seit März 2023 ist XBB.1 die dominierende Untervariante.
  • Der Wikipedia-Artikel SARS-CoV-2-Variante Omikron wird kontinuierlich aktualisiert und enthält Informationen zu den sich entwickelnden Subvarianten.

Delta-Variante

Die Delta-Variante hatte in Deutschland von Mitte August 2021 bis Mitte Dezember 2021 einen Anteil von über 99% an den COVID-19-Fällen und bestimmte die vierte Infektionswelle. Danach nahm der Anteil der Delta-Variante schnell ab. In Kalenderwoche 5/2022 war der Anteil der Delta-Variante nur noch 1,1%.

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[Letzte Änderung: 31. Mai 2023]

Impfwirksamkeit

Wenn die Wirksamkeit nicht unter den kontrollierten Bedingungen einer Zulassungsstudie, sondern aus Daten einer breiten Anwendung geschätzt wird, spricht man von Impfeffektivität

  • RKI: "Der Monatsbericht zum Monitoring des COVID-19-Impfgeschehens in Deutschland und die dazugehörigen Datentabellen erscheinen am 4.5.2023 zum letzten Mal in dieser Form. [...] Die Überwachung der Impfwirksamkeit und das Monitoring der COVID-19-Impfquoten finden weiterhin statt, bei gegebenem Anlass werden die entsprechenden Daten ausgewertet und wieder berichtet."

 Altersgruppe '18-59 Jahre' in KW 08–11/2023

Art des Impfschutzes Impfeffektivität gegenüber
 Hospitalisierung  intensivstationärer Behandlung Tod
Grundimmunisierung 61,3 % 100,0 % 8,6 %
mit Auffrischung 72,6 % 59,8 % 88,5 %

Altersgruppe '60 und mehr Jahre' in KW 08–11/2023

Art des Impfschutzes Impfeffektivität gegenüber
 Hospitalisierung intensivstationärer Behandlung Tod
Grundimmunisierung 33,7 % 54,3 % 41,3 %
mit Auffrischung 77,7 % 83,3 % 86,1 %

 RKI: Geschätzte Effektivität der COVID-19-Impfung gegen Hospitalisierung bzw. intensivmedizinische Behandlung aufgrund von COVID-19 und COVID-19 assoziierter [sic] Tod, nach Altersgruppe (Impfeffektivitaet.xlsx), monatliche Aktualisierung, Stand: 4. Mai 2023

 

Interpretation der Effektivität der COVID-19-Impfung am Beispiel der Impfeffektivität gegenüber Hospitalisierung aufgrund von COVID-19 in der Altersgruppe '18-59 Jahre':

Eine Impfeffektivität von 61,3 % bei Grundimmunierung bedeutet: Wenn in einer bestimmten Menge Ungeimpfter dieser Altersgruppe 1000 Personen wegen COVID-19 hospitalisiert werden, dann werden in einer gleichgroßen Menge Grundimmunisierter dieser Altersgruppe 61,3% weniger Personen, d. h. 387 = 1000 - 613 Personen, wegen COVID-19 hospitalisiert. 

Eine Impfeffektivität von 72,6 % mit Auffrischung bedeutet: In einer gleichgroßen Menge von Personen mit Auffrischungsimpfung dieser Altergruppe werden 72,6 % weniger Personen, d. h. 274 = 1000 - 726 Personen, wegen COVID-19 hospitalisiert.

[Hinweis zur Prozentrechnung: Die Reduktion von 1000 auf 387 ist eine Reduktion um 613 und ist daher prozentual ausgedrückt eine Reduktion um 61,3 % = 613/1000. Die Reduktion von 1000 auf 274 ist eine Reduktion um 726 und ist daher prozentual ausgedrückt eine Reduktion um 72,6 % =  726/1000.] 

 

Diese Zahlen illustrieren, dass die Impfung grundsätzlich nicht zu einem vollständigen Schutz, z. B. gegen COVID-19-bedingte Hospitalisierung, führt, aber zu einer erheblichen Reduktion des Risikos einer Hospitalisierung.

 

Die Auffrischungsimpfung hat in der Altersgruppe  '60 und mehr Jahre'  einen höheren Effekt bei der Vermeidung schwerer Verläufe im Vergleich zur Grundimmunisierung als in der Altersgruppe '18–59 und mehr Jahre'.  

 

Bei der Interpretation der Impfeffektivität ist zu berücksichtigen, dass in der Vergleichsgruppe der Ungeimpften viele Personen inzwischen einen Immunschutz als Infektionsfolge aufgebaut haben. Eine geringe Impfeffektivität  im fortgeschrittenen Verlauf einer Epidemie kann auch bedeuten, dass der Immunschutz durch eine Grundimmunsierung vergleichbar hoch ist wie der Immunschutz nach durchgestandener Infektion in der Gruppe der Ungeimpften. Es sind dann immer noch erhebliche Unterschiede bezüglich der Langzeitfolgen einer Infektion (Long-COVID) denkbar.

 

Zur Interpretation siehe auch RKI: Monitoring des COVID19-Impfgeschehens in Deutschland. Monatsberichte des RKI [letzmalig im Mai 2023 erschienen

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[Letzte Änderung: 15. Juli 2023

Impfquoten

  • Am 8. April wurde die Aktualisierung des COVID-19-Impfdashboards des Bundesministeriums für Gesundheit eingestellt.
  • RKI: "Mit dem Auslaufen der CoronaImpfV am 07. April 2023 wird die tägliche Aktualisierung des COVID-19-Impfquotenmonitorings eingestellt und die Berichterstattung zunächst pausiert."
  • RKI: "Der Monatsbericht zum Monitoring des COVID-19-Impfgeschehens in Deutschland und die dazugehörigen Datentabellen erscheinen am 4.5.2023 zum letzten Mal in dieser Form."

Die am 10. Juli 2023 berichtete Impfquote – Anteil der Geimpften an allen Personen – war

  • für die Grundimmunisierung (vollständiger Impfschutz) im Bundesdurchschnitt 76,4 % (Vormonat 76,4 %) und variierte von unter 70 % in Brandenburg und Sachsen bis über 85 % in Bremen,
  • für die erste Auffrischungsimpfung im Bundesdurchschnitt 62,6 % (Vormonat 62,6 %) und variierte von unter 55 % in Sachsen und Thüringen bis über 70 % in Schleswig-Holstein,
  • für die zweite Auffrischungsimpfung im Bundesdurchschnitt 15,2 % (Vormonat 15,2 %) und variierte von unter 10 % in Sachsen und Thüringen bis über 25 % in Schleswig-Holstein.

 RKI: Monatliches Impfquotenmonitoring

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Labortests (veraltet)

[Letzte Änderung: 22. August 2023]

Der Positivenanteil der SARS-CoV-2-Labortests ist der Anteil der Testergebnisse, bei denen eine SARS-CoV-2-Infektion labortechnisch festgestellt wurde, an den durchgeführten Labortests. 

Positivenanteil  in Kalenderwoche ... des Jahres
2022 2023
30 % bis unter 40 %             49–52                        10–12     
20 % bis unter 30 %  45–48  1          7–9            13–18  
10 % bis unter 20 %       2–6                                19–24

RKI: SARS-CoV-2-PCR-Testungen in Deutschland

Anmerkung: Die letzte Aktualisierung der Daten durch das RKI erfolgte am 22. Juni 2023 (Stand: 22. August).

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Zusammenhang zwischen Verdoppelungszeit, Wachstumsfaktor und Wachstumsrate

[Letzte Änderung: 26. Dezember 2021]

Die Ausbreitung von Infektionen in einer Phase exponentiellen Wachstums wird je nach Quelle unterschiedlich charakterisiert:

  • durch die Verdoppelungszeit,
  • durch einen Wachstumsfaktor, der sich auf einen Tag oder auf eine Woche bezieht, 
  • durch eine diskrete Wachstumsrate, die sich auf einen Tages- oder Wochenzeitraum bezieht, oder
  • durch eine stetige Wachtumsraten, die sich auf einen Tages- oder Wochenzeitraum bezieht.
Verdoppelungszeit  Wachstumsfaktor proTag Wachstumsfaktor pro Woche Diskrete Wachstumsrate pro Tag

Diskrete Wachstumsrate pro Woche

Stetige Wachstumsrate pro Tag

Stetige  Wachstumsrate pro Woche

1 Tag 2 128 100,00% 12.700,00% 69,31% 485,20%
2 Tage 1,41 11,32 41,14% 1.031,37% 34,66% 242,60%
3 Tage 1,26 5,05 25,99% 403,97% 23,10% 161,73%
4 Tage 1,19 3,36 18,92% 236,36% 17,33% 121,30%
5 Tage 1,15 2,64 14,87% 163,90% 13,86% 97,04%
6 Tage 1,12 2,24 12,25% 124,49% 11,55% 80,88%
7 Tage 1,10 2 10,41% 100,00% 9,90% 69,31%

Zwischen den sieben Kennzahlen Verdoppelungszeit, Wachstumsfaktor pro Tag oder Woche, diskrete Wachstumsrate pro Tag oder Woche, stetige Wachstumsrate pro Tag oder Woche bestehen folgende Zusammenhänge:

Wenn eine Größe exponentiell wächst und die Verdoppelungszeit N Tage ist, dann ist

  • ft = 21/N der Wachstumsfaktor pro Tag,
  • fw = 27/N der Wachstumsfaktor pro Woche,
  • dt = ft - 1 die diskrete Wachstumsrate pro Tag,
  • dw = fw - 1 die diskrete Wachstumsrate pro Woche,
  • st = ln(2)/N die stetige Wachstumsrate pro Tag und
  • sw = 7ln(2)/N die stetige Wachstumsrate pro Woche.

Zwischen dem Wert x0 an einem bestimmten Tag und dem Wert x1 des Folgetages bestehen für eine expoentiell wachsende Größe die Zusammenhänge

x1 =  ft x0 =  (1 + dt) x0 = exp(st)x .

Zwischen dem Wert x0 an einem bestimmten Tag und dem Wert x7 nach sieben Tagen bestehen für eine exponentiell wachsende Größe die Zusammenhänge

x7 =  fw x0 =  (1 + dw) x0 = exp(sw)x  ft7x0 =  (1 + dt)7x0 = exp(7st)x .

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Welche Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sind erforderlich?

[Letzte Änderung: 25. November 2022]

 

Veröffentlichte Stellungnahmen des Expertenrates der Bundesregierung zu COVID-19 seit Dezember 2021.

 

Stellungnahme des RKI vom 21.12. 2021 ControlCOVID – Strategie-Ergänzung zur Bewältigung der beginnenden pandemischen Welle durch die SARS-CoV-2-Variante Omikron

 

Stellungnahme der Leopoldina - Nationale Akademie der Wissenschaften vom 27.11.2021 Coronavirus-Pandemie: Klare und konsequente Maßnahmen - sofort!

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Welche Maßnahmen zur Kontaktreduzierung wurden beschlossen?

[Letzte Änderung: 18.3.2022]

 

Der Beschluss der "Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 17. März 2022" enthält zum Tagesordnungspunkt Corona keine Inhalte.

 

Beschluss der "Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Februar 2022"

 

Es wird die schrittweise Zurücknahme von Maßnahmen zur Kontaktreduzierung beschlossen.

 

Beschluss der "Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 24. Januar 2022"

 

Es werden keine zusätzliche Maßnahmen zur Kontaktreduzierung beschlossen.

"Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind zuversichtlich, dass die weitere Fortsetzung der aktuell bestehenden Maßnahmen die realistische Chance bietet, dass Deutschland gut durch die Omikron-Welle kommt."

 

Beschluss der "Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 7. Januar 2022"

 

Es werden geringfügige Veränderungen beschlossen, deren Ziel aber nicht ist, die Omikron-Welle durch Kontaktbeschränkungen frühzeitig zu brechen oder stark zu verzögern. Vielmehr wird beobachtend zunächst eine starke Zunahme der Omikron-Infektionen in Kauf genommen.

 

Beschluss der "Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 21. Dezember 2021"

 

Es wurden einige Beschränkungen beschlossen, die zum 28. Dezember 2021 wirksam werden sollen, aber nicht annähernd das vom RKI in der Stellungnahme vom 21.12.2021 geforderte Niveau erreichen.  

 

Beschluss der "Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 18. November 2021"

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Zum Infektionsschutzgesetz

[Letzte Änderung: 25. November 2022]

 

Änderung des Infektionsschutzgesetzes im September 2022

Im September 2022 wurde eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit Gültigkeit der neuen Schutzmaßnahmen ab 1. Oktober 2022 beschlossen. Die Absätze 7 bis 10 des § 28 a und damit die vagen Formulierungen des Absatz 8 sind weggefallen.

 

Änderung des Infektionsschutzgesetzes im März 2022

Durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 18. März 2022 werden die zugelassenen Schutzmaßnahmen reduziert. § 28a Absatz 8 Satz 1 bestimmt, dass einige der bisherigen Schutzmaßnahmen durch Beschluss eines Landesparlamentes "in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft" (die in der Presse so bezeichneten Hot-Spots), in der die "konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht", möglich sind. Erläuternd heißt es in § 28a Absatz 8 Satz 2:

"Eine konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage nach Satz 1 besteht, wenn

  1. in der jeweiligen Gebietskörperschaft die Ausbreitung einer Virusvariante des Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellt wird, die eine signifikant höhere Pathogenität aufweist, oder
  2. auf Grund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen oder eines besonders starken Anstiegs an Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Gebietskörperschaft droht."

Zu  § 28a Absatz 8 Satz 2 Nr. 1

In Nr. 1 wird als Voraussetzung genannt, dass eine sich ausbreitende Virusvariante eine "höhere Pathogenität" aufweist. Allerdings fehlt ein Bezugspunkt für den Komparativ 'höher': höher als was? Höher als die Pathogenität der im März 2022 vorherrschenden Omikronvariante? Höher als vorherige Varianten? Höher als der Durchschnitt der vorherigen Varianten?  Bei allen Interpretationen kann in der aktuellen Infektionswelle, die durch die Omikronvariante bestimmt ist, keine Gefahr nach Nr. 1 festgestellt werden und es können somit keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden, da die Omikronvariante die bisher niedrigste Pathogenität unter den bisherigen Varianten aufweist.

 

Wie sollen Gerichte anhand dieses Gesetzestextes zukünftig entscheiden, was mit "höherer Pathogenität" gemeint ist?

 

Außerdem ist in der Formulierung "signifikant höhere Pathogenität"  mit "signifikant" wohl "relevant" gemeint, aber nicht "statistisch signifikant". Denn statistisch signifikant können auch sehr kleine und für den jeweiligen inhaltlichen Kontext irrelevante Unterschiede sein.

 

Auch ist es nicht möglich, über statistische Signifikanz ohne Bezug auf ein vorgegebenes Signifikanzniveau sinnvoll zu sprechen. Ein solches vorgegebenes Signifikanzniveau, beispielsweise  0,1 %, 1% , 5% oder 10%, ist bei der Durchführung eines statistischen Signifikanztests die maximal zugelassene Wahrscheinlichkeit, mit der eine "signifikant höhere Pathogenität" fälschlich festgestellt wird und dabei als Folge von Stichprobenfehlern ein sogenannter statistischer Fehler 1. Art begangen wird. Da es für diese Fragestellung weder übliche noch durch Normen festgelegte Signifikanzniveaus gibt, ist es inhaltsleer und folgenlos, von 'signifikant höher' zu sprechen.

 

Zu  § 28a Absatz 8 Satz 2 Nr. 2

In Nr. 2  wird eine 'besonders hohe' Anzahl von Neuinfektionen oder ein 'besonders starker' Anstieg an Neuinfektionen als Voraussetzung für die Feststellung der konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage  genannt. Wenn also eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten durch eine hohe – aber nicht 'besonders hohe' – Anzahl von Neuinfektionen oder durch einen starken – aber nicht 'besonders starken' – Anstieg von Neuinfektionen droht, liegt keine konkrete Gefahr nach Nr. 2 vor und es können keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

 

Sollen jetzt Gerichte darüber entscheiden, was eine mittlere, eine hohe oder eine besonders hohe Anzahl von Neuinfektionen ist, oder was ein mittlerer, ein starker oder ein besonders starker Anstieg an Neuinfektionen ist? Auch ist unklar, ob sich 'besonders hoch' und 'besonders stark' auf einen Vergleich im Querschnitt, z. B. zwischen verschiedenen Landkreisen oder Bundesländern, oder auf einen Vergleich im zeitlichen Längsschnitt bezieht. 

 

Durch Nr. 2 ist eine Proportionalität zwischen Krankenhauskapazitäten und tolerierbaren Infektionszahlen – und damit auch schweren Erkrankungen und Todesfällen – intendiert und gesetzlich fixiert. Je besser also der regionale Krankenhausausbau ist, umso höher sind die dort zu akzeptierenden COVID-19-Infektionszahlen, bevor Schutzmaßnahmen ergriffen werden dürfen. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass beispielsweise die Wahrscheinlichkeit für einen älteren Menschen durch COVID-19 zu sterben, um so größer ist, je besser die Ausstattung mit Krankenhausbetten "in der jeweiligen Gebietskörperschaft" ist, weil dann dort höhere Ansteckungswahrscheinlichkeiten durch COVID-19 zu tolerieren sind. 

 

Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Dezember 2021

Durch eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Dezember 2021 wurde der Katalog der nicht zugelassenen Schutzmaßnahmen präzisiert und reduziert. Der aktualisierte Katalog der in § 28a Absatz 8 Satz 1 Nr. 1-7 IfSG ausgeschlossenen Schutzmaßnahmen ist:

  1. die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen,  
  2. die Untersagung der Sportausübung und die Schließung von Sporteinrichtungen,
  3. die Untersagung von Veranstaltungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften,  
  4. die Untersagung von Reisen, 
  5. die Untersagung von Übernachtungsangeboten, 
  6. die Schließung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel, sofern es sich nicht um gastronomische Einrichtungen, Freizeit- oder Kultureinrichtungen oder um Messen oder Kongresse handelt,
  7. die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden; dazu gehören insbesondere: ​​Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, Einrichtungen der nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erlaubnispflichtigen Kindertagespflege, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime und Ferienlager. 

Änderung des Infektionsschutzgesetzes im November 2021

Durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im November 2021 und die gleichzeitige Nichtverlängerung der "Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" gemäß § 5 IfSG wurden in § 28a Absatz 8 Satz 1 Nr. 1-5 IfSG die folgenden Schutzmaßnahmen (Maßnahmen zur Kontaktreduzierung) ausdrücklich nicht zugelassen, auch dann, wenn sich ein Landesparlament dafür entscheiden wollte:

  1. die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen,  
  2. die Untersagung der Sportausübung,
  3. die Untersagung von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften,  
  4. die Untersagung und Beschränkung von Reisen; dies gilt insbesondere für touristische Reisen, die Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen, die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel,
  5. die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden; dazu gehören insbesondere: ​Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, Einrichtungen der nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erlaubnispflichtigen Kindertagespflege, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime und Ferienlager. 

Die Leopodina - Nationale Akademie der Wissenschaften kommentiert den dadurch geschaffenen Zustand in der 10. Ad-hoc-Stellungnahme vom 27. November 2021 mit dem Titel "Coronavirus-Pandemie: Klare und konsequente Maßnahmen – sofort!" so:

"Die jüngste Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und das Auslaufen der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ haben erhebliche rechtliche Änderungen für die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bewirkt. Problematisch ist dabei, dass auch bei extrem hohen Inzidenzwerten und Hospitalisierungsraten bestimmte generelle Maßnahmen nicht mehr ergriffen werden dürfen. Dies gilt für die flächendeckende Untersagung von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften, Reisen, Übernachtungsangeboten (Hotels), Gastronomie sowie von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel und anderem."

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© Stefan Huschens