> Wie häufig werden COVID-19-Fälle intensivmedizinisch behandelt?
> Was bedeutet die aktuelle Infektionslage für die intensivmedizinische Versorgung?
[Letzte Änderung: 20. Juni 2022]
Aktuell führt etwa jeder 416. COVID-19-Fall zu einer intensivmedizinischen Behandlung.
ITS-Erstaufnahmen
Die Deutsche interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) erfasst "ITS-Erstaufnahmen von COVID-19-Fällen" (ITS = Intensivstation) im so genannten DIVI-Intensivregister und veröffentlicht eine entsprechende Zeitreihe[1] der ITS-Erstaufnahmen von Erwachsenen. Diese Zeitreihe wird täglich aktualisiert, wobei die Erstaufnahmen eines Tages am frühen Nachmittag des folgenden Tags berichtet werden.
COVID-19-Fälle und COVID-19-bedingte ITS-Erstaufnahmen
In der folgenden Tabelle sind 7-Tage-Fallzahlen laborbestätigter COVID-19-Infektionen (Inzidenz) und ITS-Erstaufnahmezahlen von COVID-19-Fällen für den entsprechenden 7-Tage-Zeitraum (ITSE) gegenübergestellt.
KW | Inzidenz[2] | ITSE[1] | ITSE / Inzidenz | ITSE / Inzidenz in Vorwoche |
24/2022 | 350.818 (+26 %) | 665 (+27 %) | 0,19% | 0,24% |
23/2022 | 277.519 (+24%) | 522 (+5%) | 0,19% | 0,24% |
22/2022 | 214.212 (+31%) | 496 (+12%) | 0,23% | 0,30% |
21/2022 | 163.173 (-39%) | 444 (-28%) | 0,27% | 0,17% |
11/2022 | 1.420.878 (+12%) | 1.856 (+13%) | 0,13% | 0,15% |
1/2022 | 301.638 (+63%) | 1.312 (-10%) | 0,43% | 0,71% |
Ein Vergleich der prozentualen Änderungen in der zweiten und dritten Spalte zeigt, dass Änderungen der Inzidenz in der Regel nach einer, teils schon in derselben Woche, zu gleichgerichteten Änderungen der ITSE-Zahlen führen.
ITS-Quote
Die Quote der COVID-19-Fälle, die in eine Intensivstation aufgenommen werden, soll im Folgenden kurz ITS-Quote genannt werden. Diese Quote kann durch den oben berechneten Proportionalitätsfaktor zwischen ITS-Erstaufnahmen von COVID-19-Patienten und COVID-19-Fällen der Vorwoche geschätzt werden. Eine ITS-Quote von 0,24% bedeutet, dass aktuell etwa jeder 416. COVID-19-Fall zu einer intensivmedizinischen Behandlung führt.
Die ITS-Quote ist mit diesen Daten nicht exakt errechenbar, da sich ITS-Erstaufnahmen auch auf frühere oder spätere als in der Vorwoche erfasste COVID-19-Fälle Woche beziehen können. Da die Daten für die Berechnung der ITS-Quote aus zwei verschiedenen Quellen (den DIVI-Daten für die ITS-Erstaufnahmen und den RKI-Daten für die Fallzahlen) stammen, ist eine genauere Berechnung nicht möglich. Um die ITS-Quote exakt zu bestimmen, müssten - analog zur Bestimmung der Hospitalisierungsquote durch das RKI - den COVID-Fällen entsprechende spätere ITS-Erstaufnahmen zugeordnet werden können.
Mit steigendem Anteil der Geimpften an den COVID-19-Fällen ist ein Sinken der ITS-Quote zu erwarten. Andererseits kann eine Erhöhung des Durchschnittsalters der COVID-19-Fälle zu einer steigenden ITS-Quote führen, da die Schwere eines COVID-19-Verlaufs stark altersabhängig ist.
Quellen
[1] Zeitreihe "Anzahl gemeldeter ITS-Erstaufnahmen von COVID-19-Fällen, Deutschland, Erwachsenen-Intensivstationen" des DIVI-Intensivregisters
[Letzte Änderung: 20. Juni 2022]
Szenarien für ITS-Erstaufnahmen
Basierend auf dem Zusammenhang zwischen der 7-Tage-Fallzahl und der Anzahl der ITS-Erstaufnahmen (ITS=Intensivstation) können Szenarien für die Entwicklung der COVID-19-bezogenen ITS-Erstaufnahmen der nächsten 14 Tage gebildet werden. Die folgenden Szenarien basieren auf der 7-Tage-Fallzahl und der Größe des Faktors, der die Proportionalität zwischen der Zahl der ITS-Erstaufnahmen in einem 7-Tage-Zeitraum und der 7-Tage-Fallzahl in der Vorwoche beschreibt. Dieser Proportionalitätsfaktor war in KW 1/2022 0,71 %, hatte in den letzten vier Wochen Werte zwischen 0,17 % und 0,30 % und ist aktuell 0,24 %.
Szenario | 7-Tage-Fallzahl am 19.6.2022[1] | Proportionalitätsfaktor |
Zu erwartende ITS-Erstaufnahmen |
A | 350.818 | 0,16 % | 561 |
B | 350.818 | 0,24 % |
842 |
C | 350.818 | 0,30 % | 1.052 |
Auslastung der ITS-Kapazität bis zum 26.6.2022
Die Bedeutung dieser Zahlen für die intensimedizinische Versorgung ergibt sich, wenn man sie mit freien und freiwerdenden Kapazitäten vergleicht:
Dynamische Veränderung des ITS-Verhältnisses
Das ITS-Verhältniss, d. h. das Verhältniss zwischen ITS-Erstaufnahmen von COVID-19-Fällen und COVID-19-Fällen ist in der Zeit von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 2021, in der die 7-Tage-Fallzahl von 60.000 auf 370.000 stieg, von 1,04 % auf 0,60 % gesunken, dann mit sinkender 7-Tage-Fallzahl wieder leicht gestiegen und dann mit steigender Fallzahl und Beginn der Omikronwelle gesunken. Aus der Variabilität dieser Quote ergibt sich, dass längerfristige Szenarien mit konstantem Proportionalitätsfaktor nicht sinnvoll sind.
Modellgestützte Szenarios
Es sind kompliziertere Berechnungen mit Berücksichtigung verschiedener Altersklassen und einer Modellierung unterschiedlicher regionaler Impfquoten und deren Veränderung möglich. Dies ist vor allem für längerfristige Prognosen erforderlich. Eine solche Modellierung[5] stützt die Proportionalität zwischen Inzidenzen und ITS-Erstaufnahmen und projizierte im August 2021 die Situation im November 2021. Die Kombination der 7-Tage-Inzidenz 340,7[1] mit 3.491 intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Fällen am 19.11.2021[2] entspricht etwa dem "pessimistischen Szenario" bezüglich der Impfquoten bei einem Impfschutz (Wirksamkeit) von 70%.[6, Abb. S1]
Quellen
[1] COVID-19-Dashboard des RKI (täglich aktualisiert)
[2] Zeitreihe "Anzahl gemeldeter intensivmedizinisch behandelter COVID-19-Fälle, Deutschland, Erwachsenen-Intensivstationen" des DIVI-Intensivregisters
[3] Zeitreihe "Anzahl gemeldeter ITS-Erstaufnahmen von COVID-19-Fällen, Deutschland, Erwachsenen-Intensivstationen" des DIVI-Intensivregisters
[4] Ländertabelle "Erwachsenenkapazitäten, Alle Versorgungsgrade" des DIVI-Intensivregisters, Spalte "Davon COVID-spezifische Intensivbetten aktuell frei"
[5] A. Schuppert et al. (2021): Intensivbettenbedarf für COVID-19 im Herbst/Winter 2021. Simulation unterschiedlicher Szenarien unter Berücksichtigung von Inzidenzen und Impfquote, Med Klin Intensivmed Notfmed, https://doi.org/10.1007/s00063-021-00862-9